An diesem Samstag, dem 28. März 2020, ist es, nach Wochen geprägt von kaltem Wind, endlich soweit: Strahlender, warmer Sonnenschein. Der Frühling hält Einzug.
Nach zehn Minuten im Auto „muss“ ich kurz anhalten, um meinen Kapuzenpullover auszuziehen, mir ist zu warm. Herrlich!
Doch irgendetwas dämpft meine Stimmung, verleiht diesem freundlichem Tag eine Brise Unwirklichkeit.
Stimmt! Da war ja was – CORONA!
Mein Weg von zu Hause im Süden Ingolstadts bis zu Hopfenbauern Matthias Geltermair nach Niederthann in der Hallertau führt über gut 30 Autobahnkilometer auf der A9.
Ich zähle: Ganze 7 andere Autos fahren morgens gegen 8:30 Uhr zeitgleich diesen Abschnitt.
Absurd. Bei Kaiserwetter mehr oder weniger alleine auf der Autobahn.
Ein Stück außerhalb Niederthanns entdecke ich Matthias Geltermair und seine Helfer auf dem Feld. Sie sind zu fünft und gerade dabei, den Draht, an dem die Setzlinge der Hopfenranken in ein paar Wochen nach oben zu wachsen beginnen, in die Erde zu einzustecken.
Wir begrüßen uns. Vorsichtig. Immer schön Abstand halten. Kommen dennoch gleich ins Gespräch.
Matthias, Mitte zwanzig, erzählt mir, geplant war zu diesem Zeitpunkt Unterstützung von sieben polnischen Saisonarbeitern zu haben.
Aufgrund der Grenzkontrollen bzw. der verordneten Quarantäne-Zeit sind sie Helfer an der Grenze allerdings wieder umgekehrt und zu ihren Familien zurück.
Matthias steht mit ihnen in Kontakt. Einige der Helfer warten die Entwicklungen ab, um später im Jahr vielleicht doch wie geplant in Bayern die Arbeit aufzunehmen, manche haben ihren Einsatz für 2020 definitiv abgesagt.
Nach dem ersten, kurzen Schock hat Matthias sofort die Fühler ausgestreckt, um Helfer zu finden. Alternative hatte er eh keine.
Als er daraufhin ausführt, wie positiv es ihn überrascht hat, wie viel Hilfe er in der kurzen Zeit angeboten bekommen hat, fasst er sich aufs Herz.
Man merkt, hierbei handelt es sich um keine Selbstverständlichkeit für den Junglandwirt!
Einer der Helfer im Einsatz ist der 25-jährige Silas Baumgärtner, der in München lebt und studiert. Lehramt und Sport.
Silas hat von daslandhilft.de im Bayerischen Rundfunk gehört und sich kurzerhand entschlossen anzupacken.
Bereits nach wenigen Tagen auf dem Feld erzählt er mit strahlenden Augen, was für ein lohnendes Gefühl es ist, nach einem Tag harter Arbeit, zu sehen, was man geschafft hat. Das wirkt überzeugend!
Unabhängig voneinander berichten beide, man lerne übereinander. Silas meint, in den Gesprächen mit Matthias mehr über die Landwirtschaft verstanden zu haben, als wenn er sonst vereinzelt hier und da mal einen Artikel liest oder einen Beitrag über die Landwirtschaft sieht.
Und Matthias erzählt mir, in Gesprächen mit den Studenten, Silas ist ja nicht der einzige, verstanden zu haben, warum es Fridays for Future gibt.
Dass im Austausch unterschiedlicher Standpunkte, den Diskussionen, klar wurde, dass Junglandwirt und Klimaschützer viel mehr verbindet, als ursprünglich gedacht.
Vielleicht liegt darin die große Chance in dieser ungewohnten, teilweise unbehaglichen Zeit:
Austausch von Argumenten, von Perspektiven. Das Verlassen der eigenen „bubble“.
Um zu verstehen, dass nicht der EINZELNE MENSCH sich selbst, sondern wir alle der EINEN MENSCHHEIT helfen müssen.
Während, aber vor allem auch nach CORONA!