Hamid aus Afghanistan

Hamid (20) tut sich leicht mit der Stallarbeit. Der Umgang mit den Kühen ist kein Problem für ihn, auch dann nicht, wenn es ruppig, schmutzig oder anstrengend wird. Die Selbstverständlichkeit, mit der der junge Mann seine Arbeit angeht, hat den Landwirt Lukus Egner (28) aus der Nähe von Schwäbisch-Hall von Anfang an begeistert: „Hamid ist total unkompliziert, hat keine Angst. Es läuft gut mit ihm“. Seit 30. März arbeiten der junge Landwirt und der junge Geflüchtete zusammen.

Eigentlich sollte Hamid nicht im Stall des Familienbetriebs Egner stehen. Er macht eine Ausbildung zum Koch, aber durch Corona ist auch sein Arbeitsplatz erst einmal auf Eis gelegt. Daheim sitzen und nichts tun ist aber so gar nichts für ihn – das hat auch seine Pflegemutter Claudia Müller, die Hamid vor vier Jahren in ihre Familie aufgenommen hat, so gesehen. Während die Familie gerade überlegte, wie Hamid sich bis zum Ende des Shutdowns beschäftigen könnte, stand bei Landwirt Lukas Egner das Telefon nicht mehr still. Er hatte sich auf der Plattform Das Land hilft eingetragen, weil er einen Helfer auf seinem Milchvieh- und Bullennmastbetrieb suchte. Weil er die vielen Telefonate gar nicht mehr entgegennehmen konnte, schaltete er am zweiten Tag das Handy ab, die persönliche Vorstellungsrunde hatte noch nicht begonnen. Das hat sich zu seiner Erleichterung dann auch erledigt: Hamids Pflegegroßmutter kam auf seinen Hof und fragte, ob er wirklich Arbeit zu vergeben habe. Und ob er sich Hamid nicht einmal anschauen wolle. Und so kam es dann auch.

Inzwischen weiß Lukas Egner, warum Hamid sich im Umgang mit den Tieren so leicht tut. Er hat daheim in Afghanistan viel auf die Schafherde seiner Tante aufgepasst. Allerdings nur, bis er neun Jahre alt war. Er erzählt, dass er nach einem Streit mit seiner Tante seine abenteuerliche Flucht begonnen habe – alleine, ganz auf sich gestellt, schlug er sich sieben Jahre lang mit unterschiedlichen Arbeiten bis nach Deutschland durch.

Aktuell hilft Hamid von acht bis 17 Uhr bei den Egners aus. Er hat schon angefragt, ob er auch später, wenn die Kochausbildung wieder läuft, weiter aushelfen kann. Lukas Egner macht sich natürlich darüber hinaus Gedanken darüber, wie es nach Corona auf seinem Betrieb weitergehen wird. Einerseits hofft er, dass sein rumänischer Helfer dann wieder einreisen darf. Andererseits tun sich bei ihm durch die Plattform Das Land hilft noch weitere, unerwartete Möglichkeiten auf: Eine junge Frau hat sich bei ihm gemeldet, die langfristig auf dem Hof mitarbeiten möchte. Sie hat soziale Arbeit studiert, will aber lieber in der Landwirtschaft helfen und hat sich deshalb auf der Plattform eingetragen. Es sieht ganz danach aus, dass auch sie bald regelmäßig auf dem Familienbetrieb mitarbeiten wird.

Die Gespräche mit Lukas Egner und Hamid Karemi hat Elisabeth Schweikert geführt. Auch das Foto ist von ihr.